Wichner, Jacob "Die Kataloge des Benediktiner-Stiftes Admont vom J. 1370 u. 1380" In: Neuer Anzeiger für Bibliographie und Bibliothekwissenschaft Jg. 1878, Heft April S. 134-136

[298.] Die Kataloge der Bibliothek des Benediktiner-Stiftes Admont vom J. 1370 u. 1380 [*].
Unter dem Abte Albert II. (12. März 1361 - 7. April 1384) lebte im Stifte der Mönch Peter von Arbon, welcher die Stelle eines Vorsängers im Chore und eines Bibliothekars versehen hat. Dieser hat auf Befehl des Abtes die ältesten noch vorhandenen Verzeichnisse der Klosterbücherei (im J. 1370 resp. 1380) verfasst. Weil diese Aufschreibungen einen klaren Blick auf die wissenschaftlichen Bestrebungen jener Zeit und besonders auf den Eifer gestatten, mit welchem zu Admont kostbare Handschriften erworben und abgeschrieben worden sind, können wir es uns nicht versagen, einen dieser Kataloge (vom J. 1370) näher ins Auge zu fassen. Derselbe beginnt mit einer Instruktion für den Bibliothekar. Hieran schliesst sich ein Theil des Bücherverzeichnisses mit den einleitenden Worten: „Anno igitur dominice incarnacionis MCCCLXX sub Domino Alberto abbate facta est inquisicio librorum nostri Admontensis monasterii per fratrem Petrum cantorem, et inuenti ac sollempniter sunt notati libri infra scripti." Die Reihe eröffnen die Väter und Kirchen Schriftsteller Gregor, Augustin, Hieronymus, Ambrosius, Origenes, Eabanus,Beda, Bernhard, Hugo (von St. Victor) und Abt Rupert. Jedoch enthalten diese Handschriften auch andere Werke, so die vita Remigii et Wilhelmi abbatis, epistolae Hilarii ad hereticos, Historia Pylati, epistola Gebhardi episcopi, Pascasius de corpore domini, exposiciones vocabulorum socundum alphabetum, visio Tugdali Hyberni de diuersis penis inferni, de loquela digitorum, scriptum Lantfranci contra Beringerum. Nun kommen die Bücher des alten Bundes, die Psalterien, Evangelien und Epistolarien. Zwischen eingeheftet erscheinen: Rara vocabula tocius Byblie, passio s. Blasii metrica, vita Gebhardi, inuencio s. Stephani, de Sybillis. Die Abtheilung „Sermones" enthält, ausser Predigten ungenannter Autoren, noch Reden des Petrus Lombardus und des Rupertus Parisiensis. An Legenden werden aufgezählt: Passio Thome apostoli, Thome Canturiensis, Emmerami, Mathie, vita Augustini, Amandi, Gregorii VII., Galli, liber miraculorum, prophecia s. Hylradis (Hildegardis?). Nun folgen die „libri decretorum et libri sentenciarum. Wir begegnen den Namen Gratian, Johannes Hyspanus, Yvo von Chartres, Haimo, den Summen von Thomas von Aquin, den Quästionen des Johannes Parisiensis und den Sentenzen des Anselmus. Ziemlich reich ist der Schatz historischer Schriften. Der Katalog erwähnt:. Cronica, historia ecclesiastica Eusebii et Epyfanii, Josephus Flavius, Eutropius, historia Africana, Francorum, successorum Caroli magni, et Egesippi, Solinus de origine vrbis Rome, cronica Ottonis Frisingensis. Das Bücherverzeichniss wird unterbrochen durch den Brief des Abtes Engelbert an den Meister Ulrich zu Wien, in welchem er dreiunddreissig von ihm bisher verfasste Werke aufzählt. Hieran knüpft Peter von Arbon die Bemerkung, dass (1370) nur dreizehn verschiedene Bücher des gelehrten Abtes in der Bibliothek vorfindlich waren. (Später registrirt er ein 14. Werk.) Das Bücherverzeichniss wird abgeschlossen mit den Werken „diuersorum doctorum". Aus diesen nennen wir: Lapidarius metricus, anni regiminis h. Petri et aliorum pontificuin, regula Hyberniensium et Columbani et Augustini, prouerbia Eua-grii, Seneca de moribus, vocabula secundum alphabetum, gesta Abrahe heremite de Antiochia, speculum humane saluacionis, descripcio terre sancte, aurora major (cuius principium est biblia depicta et continetur tota biblia metrica), ars alchimie, descripciones deorum et poetarum, chirurgia Rogerii, expedicio Jerosolymitana, de lineis indiuisibilibus, biblia beate virginis, Yrimbertus super Josua, Judicum et Ruth. Nebst den hier erwähnten Schriften sind noch viele Autoren, wie Richardus de s. Victore, Hilarius, Lothar, Cassian, Cyprian, Basilius, Ambrosius, Ephraim, Jerlandus, Boetius vertreten. Der Katalog bringt ferner ein Verzeichniss jener Bücher, welche der stiftische Notar Friedrich „ad honorem s. Marie et s. Blasii pro remedio anime sue" im J. 1376 dem Kloster gespendet hat. Es sind deren 117 zumeist kirchenrechtlichen Inhaltes. Davon mögen erwähnt werden: Liber juris in papiro, ewangelium Nychodemi, postilla Parmensis, kalendarium, virtutes lapidum, diuisiones egritudinum, de barbarismis. Den Schluss bildet die Angabe jener Werke, welche der Notar Friedrich aus der Bücherei geliehen hatte und welche bei ihm ein Raub der Flammen geworden sind. Es sind deren neun, darunter biblia tota in vno volumine.
Der Katalog von 1380 hat, ausser den schon bezeichneten Abtheilungen, noch libri medicinales, phylosophicales, quadruuiales (d. s. Arithmetik, Geometrie, Musik u. Astronomie), triuiales (d. s. Grammatik, Rhetorik u. Dialektik) und poetarum. Die Zahl der Werke hat sich von 623 auf 805 erhoben, welche Zahl sich jedoch grösser herausstellt, wenn man bedenkt, dass bei vielen Handschriften die Notiz beigefügt ist, „et alii libri in principio signati". Aus dieser übersichtlichen Darstellung geht hervor, dass zur Zeit des Abtes Albert II. die Klosterbibliothek nicht nur umfangreich an Werken, sondern auch systematisch geordnet gewesen ist. Ein Verdienst dieses Prälaten, welches höher anzuschlagen ist, als die ausgedehnteste Erwerbung von Grund und Boden, höher zu schätzen, als die prachtvollsten Monumentalbauten. Jene Güter gingen längst verloren, jene Bauten fielen dem Zahne der Zeit zum Opfer; jene Handschriften aber, welche Abt Albert gesammelt und Peter von Arbon in seine Kataloge eintrug, sind grossentheils auf unsere Zeit gekommen und sind der beredteste Dolmetsch der litterarischen Thätigkeit Admonts vor mehr als 500 Jahren.
(Abgedr. aus Jak. Wichner's „Geschichte des Benediktiner-Stiftes Admont." Bd. III. Im Selbstverlage des Verf.'s. In Comm. der Vereins-Buchdruckerei in Graz. 1878. gr. 8. S. 87—89.)"

[*] Ueber diese beiden Kataloge s. auch "Mittheilungen des historischen Vereines für Steiermark hrsg. von dessen Ausschüsse. Hft. 20. Graz. 1873. gr. 8. S. 67.


Letzte Änderung 26.08.2023

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